Projektablauf bei der Beschaffung eines Content Management Systems
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Die Auswahl eines geeigneten CMS ist äußerst komplex. Unterschiedliche Bedürfnisse verschiedenster Stakeholder sollen berücksichtigt werden. Dabei können sich die berechtigten Wünsche verschiedener Stakeholder durchaus widersprechen. Während Marketing und Vertrieb den Fokus auf die Umsetzung ihrer digitalen Strategien legen und ein entsprechendes Funktionsset Vorrang hat, spielt für Techniker die einfache Integration in bestehende IT-Landschaften eine übergeordnete Rolle.
Eine isolierte Betrachtung dieser beider Sichtweisen ist nicht möglich. Im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung sind Webseiten heute meist komplexe Gebilde, die das reibungslose Zusammenspiel verschiedener Software (CMS, Shopsystem, ERP, CRM) und Services erfordern. Die Hersteller von Unternehmenssoftware sind gefordert, Technikern und Implementierungspartnern die Erstellung komplexer, integrierter und vernetzter Anwendungen zu ermöglichen.
Digitale Lösungen statt reine Websites oder reines Content Management sind gefragt. Die Umsetzung erfolgt dabei in aller Regel durch Implementierungspartner, so dass zwischen Wahl des Systems und Wahl des Partners oft ein enger Zusammenhang besteht. Das Vorhandensein entsprechender Partner auf Herstellerseite sollte daher bei der CMS-Wahl beachtet werden. In einigen Fällen stehen entsprechende Ressourcen auch direkt beim Endkunden zur Verfügung. Gerade wenn die Lösung in Eigenregie umgesetzt werden soll, sind die vorhandenen Kompetenzen auch für den Auswahlprozess, insbesondere hinsichtlich der dem System zu Grunde liegenden Technologie, entscheidend.
Definieren Sie Ziele und Strategien
Auswahl und Bewertung eines (neuen) CMS sind häufig an den (Re-)Launch eines Auftritts geknüpft. Ausgangspunkt ist oft die Erkenntniss, dass der aktuelle Auftritt modernen Anforderungen nicht mehr genügt (z.B. wenn Seiten auf den kleinen Displays mobiler Endgeräte nicht optimal dargestellt werden) oder die künftigen Ziele des Unternehmens nicht ausreichend untersützt.
Die Definition der (Projekt-) Ziele sowie der Strategie zur Zielerreichung steht somit am Anfang des Beschaffungsprozess. Was wollen Sie mit der (neuen) Anwendung erreichen und was möchten Sie den Nutzern dort bieten? Eine zentrale Frage dabei ist: Welche bestehenden Probleme sollen gelöst werden? Welche Probleme Ihrer Kunden wollen Sie damit lösen? Was ist der zentrale Zweck Ihres digitalen Auftritts? Welche Anforderungen stellt dies an Ihren Auftritt selbst und welche Anforderungen ergeben sich daraus für die eingesetzte Software?
Ableitung von Anforderungen
Um zentrale Fragen der Zielfindung zu beantworten und Anforderungen zu ermitteln, empfiehlt sich die Analyse der Customer Journey sowie die Entwicklung von User Stories. Die Lösung der Kunden- und Nutzerprobleme steht dabei im Vordergrund: welche Aufgabe müssen Kunden (als Besucher Ihrer Website) sowie die CMS-Nutzer (im Rahmen Ihrer Aufgabenerfüllung) lösen?
User Stories umschreiben die Problemstellungen der Kunden und Nutzer
Die Beschreibung unterschiedlicher User Stories – sowohl aus Kunden- wie aus Nutzersicht – liefert wertvolle Informationen hinsichtlich benötigter Funktionen der Webseite sowie der einzusetzenden Software. Je nach Anwendung und Zielgruppe ergeben sich unterschiedliche User Stories. Drei einfache und stark reduzierte Beispiele für mögliche Rahmenbedingungen könnten sein:
Online-Shop
Ziel Ihres Online-Shops ist der Verkauf von Produkten an Endverbraucher und / oder Geschäftskunden. Die Aufgabe für Ihren Kunden besteht – hat er Ihre Plattform erst einmal gefunden – unter anderem darin, die richtigen Produkte zu finden, einzelne Produkte zu vergleichen und zu bewerten, den Bestellprozess zu durchlaufen und sich hierzu gegebenenfalls als Geschäftskunde zu authentifizieren.
Vielleicht möchten Sie ihm im Zusammenhang dazu weitere, passende Produkte empfehlen, um Up- und Cross-Selling-Potentiale auszuschöpfen und Ihre Umsätze zu erhöhen. Im Bestellprozess sind dem Kunden zudem gesetzlich vorgeschriebene Informationen bereitzustellen und der Kunde möchte zwischen verschiedenen Zahlverfahren wählen.
Möglicherweise soll hier auch ein Teil des Kundenservice abgewickelt werden. Möchte der Kunde eine Anfrage stellen, muss er hierzu Kontakt zu Ihrem Service Center herstellen, sei es in Form eines Formulars, Chats oder durch Auffinden von Ansprechpartnern und Telefonnummern.
Informationsportal
Der Rahmen für die User Stories wird auf einem Informationsportal hingegen völlig anders aussehen. Ein Leser möchte gut und möglichst umfassend über Neuigkeiten informiert werden, ein anderer Leser möchte die wichtigsten News in aller Kürze auf dem Handy oder in der Timeline seines präferierten Social Networks überfliegen.
Sie verfolgen dabei das Ziel mit Ihren Inhalten Erlöse zu generieren und möchten in diesem Zusammenhang möglicherweise eine Paywall für bestimmte Inhalte aufbauen. Um den Lesern einen Mehrwert zu bieten und sie auf dem Portal zu halten (Page Impressions sind oft auch Ad Impressions) sollen ergänzende Inhalte, beispielsweise „ähnliche Artikel“, angeboten werden. Auch die Möglichkeit für redaktionell geprüfte Kommentare wäre toll.
Intranet mit Single Sign On
Für den Betrieb eines Intranets wiederum ergeben sich völlig andere Anforderungen. Inhalte sollen gegebenenfalls nur von bestimmten Nutzergruppen gesehen werden. Ihre „Kunden“ (in diesem Fall die Mitarbeiter) möchten sich unkompliziert mittels „Single Sign On“ anmelden, was die Integration z.B. mit Acitve Directory oder einem anderen Verzeichnisdienst erfordert. Dokumente in Form unterschiedlichster Dateien (z.B. Word Excel, PDF) sollen für die Mitarbeiter bereitgestellt werden.
Die User Stories sind also immer individuell und hängen stark von den Zielen und der Anwendung ab. Bei der Entwicklung der Stories sollten Sie den Ablauf dabei stets aus der direkten Sicht des Nutzers/Kunden beschreiben. Dies vermittelt Ihnen den besten Einblick, welches Problem gelöst und wie entsprechend die Lösung und somit auch die Anwendung aussehen muss.
Ebenso bedeutend wie die Kundensicht sind die User Stories der CMS-Nutzer: Großenteils ergeben sich die Aufgaben der CMS-Nutzer aus den Funktionen der Anwendung. Im Rahmen des genannten Infoportals müssen z.B. News schnell und einfach eingepflegt, veröffentlicht und zudem als RSS bereitgestellt werden. Zudem sollen entsprechende Teaser in soziale Netzwerke veröffentlicht werden. Vor der Veröffentlichung sollen neue Meldungen dennoch einen sicheren Freigabeprozess durchlaufen. In diesem Zusammenhang ergeben sich zahlreiche Anforderungen hinsichtlich Funktionen, Bedienung und Workflows.
User Stories aus Sicht der CMS-Nutzer können insbesondere dazu dienen, die Eignung des Systems im Hinblick auf die relevanten Workflows zu prüfen. Neben der generellen Eignung, steht hierbei auch der ease-of-use, also die einfache und zeitsparende Umsetzung, im Interesse der Bewertung
Analyse der Customer Journey
Auch die Analyse möglicher Customer Journeys kann wertvolle Anhaltspunkte liefern, gibt Sie doch Aufschluss über Bedürfnisse, Probleme und Handlungen des (pontentiellen) Kunden an unterschiedlichen Touchpoints. Auch hieraus lassen sich wertvolle Erkenntnisse für benötigte Funktionen ableiten.
Umfangreiche Möglichkeien zum Customer Journey Mapping bietet zum Beispiel die (in der Basisversion kostenlose) cxomni CEM Cloud. Auch ein Guide zur Erstellung einer Customer Journey Map kann dort kostenlos heruntergeladen werden.
Definition und Priorisierung von Anforderungen (Lastenheft)
Sind mit den User Stories und Customer Journeys die wesentlichen Touchpoints und Problemstellungen der Nutzer beschrieben, lassen sich hieraus einfach die wesentlichen Anforderungen für Ihre Anwendung ermitteln und in ein Lastenheft überführen.
Neben Angaben zu den Anforderungen enthätl ein Lastenheft typischerweise weitere Informationen, z.B. zum Unternehmen, zur IT-Umgebung und ähnliches. Entsprechende Vorlagen können im Internet kostenlos bezogen werden, zum Beispiel unter: http://lastenheft-vorlage.de/
Das Lastenheft bildet auch die Grunlage für die Auswahl des passenden Content Management Systems und somit für die folgende Marktsondierung und insbesondere Angebotsabgabe der Anbieter. Das in Frage kommende System muss schließlich in der Lage sein, genau diese Anforderungen umsetzen zu können.
Detaillierung und Umfang der Anforderungsbeschreibung hängen dabei auch immer von individuellen Faktoren, zum Beispiel Komplexität der geplanten Anwendung, ab. Alle gewünschten CMS-Funktionalitäten im Detail zu beschreiben, ist ohnehin nicht nötig. In den grundlegenden Funktionen ähneln sich professionelle CMS-Systeme oft sehr stark. Dies betrifft insbesondere Elemente wie Navigation, Suchmöglichkeiten oder RSS-Feed, die klassischerweise auf fast allen Webseiten enthalten sind.
Entscheidend sind vielmehr die Kriterien, die zur Erfüllung der zentralen Anforderungen nötig sind. Bietet das CMS hierfür das nötige Funktionsset oder kann es dementsprechend angepasst und erweitert werden?
Dabei spielt zunehmend die Möglichkeit der Anpassung, Erweiterung und Integration eine entscheidende Rolle. Komplexe Anwendungen erfordern wie bereits erwähnt in der Regel die Integration mit anderen Systemen. Dies ist stets mit Implementierungsaufwand verbunden.
Marktsondierung
Eine intensive Auseinandersetzung mit allen am Markt befindlichen Anbietern ist unmöglich. Die Anzahl der Kandidaten muss für die genauere Betrachtung also auf ein vernünftiges Maß reduziert werden.
Zur Vorgehensweise empfiehlt sich zunächst eine Online-Recherche. Neben Suchmaschinen können dabei Fachportale wie z.B. www.contentmanager.de eine wichtige Rolle spielen. Einen ersten Einblick in den Leistungsumfang einzelner CMS-Lösungen liefern insbesondere die Webseiten der Hersteller. Auch Informationen zu Implementierungspartner, insbesondere jedoch zu Referenzen können hier gefunden werden. Insofern auf der Webseite Preisangaben gemacht werden (leider ist dies nicht bei allen Anbietern üblich), lässt sich auch schon beurteilen, ob Art (zum Beispiel Miete oder Kauf) und Höhe der Lizenzkosten den eigenen Vorstellungen entsprechen.
Die Website des Herstellers kann jedoch auch aus anderen Gründen aufschlussreich sein: In der Regel wir ein CMS-Hersteller seine Website mit dem eigenen CMS umsetzen. Sind dort eventuell Funktionen im Einsatz, die Sie sich auch wünschen? Gibt es einen Newsletter, Blog oder sonstiges. Funktioniert die Website des Herstellers auch auf Smartphones?
Angebote einholen
Nachdem Sie einen ersten Eindruck gewonnen haben – in aller Regel reicht dieser aus, um zu entscheiden, ob ein Anbieter grundsätzlich in Frage kommt – erstellen Sie eine sogenannte Longlist und übersenden das Lastenheft mit der Bitte einer Stellungnahme an die gewählten Anbieter.
Lassen Sie sich exakt Auskunft geben, welche Anforderugen out-of-the-box abgedeckt sind und wo Anpassungen oder Erweiterungen erfolgen müssen. Bezüglich möglicher Anpassungen und Erweiterungen, sollten Sie sich ergäzend eine Abschätzung des Aufwands und der Kosten geben lassen. Wer übernimmt die Anpassung, wer trägt die Kosten hierfür? Teilweise sind Hersteller durchaus bereit gewisse Anpassungen oder Erweiterungen für den Kunden ohne Mehrkosten einzubauen.
Produktpräsentation und Testmöglichkeiten
Auf Basis der eingegangenen Stellungnahmen können Sie entscheiden, welche Systeme Sie in die engere Auswahl (Shortlist) nehmen möchten. Es empfiehlt sich die Anbieter zu einer Präsentation beziehungsweise einen Workshop einzuladen. Lassen Sie sich im Rahmen dessen das System ausführlich präsentieren.
Hierbei macht es Sinn die Präsentation so zu planen, dass Sie möglichst das spätere Anwendungsszenario widerspiegelt. Hierbei muss jedoch bedacht werden, dass dies nicht für alle Szenarien möglich sein wird. Gerade für komplexere Anforderungen sind unter Umständen Anpassungen nötig, die nicht im Rahmen eines Workshops umgesetzt werden können. Was in welchem Umfang innerhalb eines oder mehrerer Termine möglich ist, muss im Einzelfall zwischen den Parteien geklärt werden.
Ergänzend oder alternativ zum Workshop bietet sich auch eine Testinstallation an. Viele Anbieter stellen hierzu sogenannte Evaluierungslizenzen bereit, die einen zeitlich befristeten Betrieb des Content Management Systems erlauben. Gerade komplexe Business Content Management Lösungen sind jedoch häufig etwas komplexer, so dass hierzu gewisses technisches Know how in Installation, Konfiguration, Setup und Templating nötig sein kann.
Anbieterwahl
Am Ende des Evaluierungsprozess steht die Auswahl eines Anbieters. Vermutlich wird auch das nicht das optimale System sein, DAS optimale System gibt es ohnehin nicht. Jedes System hat Stärken und Schwächen und wird Sie an verschiedenen Stellen nerven. Wichtig ist, dass Sie ein System gewählt haben, dass Ihre spezifischen Anforderungen bestmöglich erfüllt und an zukünftige Herausforderungen angepasst werden kann. Hierbei spielen neben einem modularen Aufbau auch Kriterien wie die vertraglich vereinbarte Weiterentwicklung des Systems und regelmäßige Updates und Releases eine wichtige Rolle.
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